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  Man muss sehen, wo man bleibt.

In unserem Alter denkt man eigentlich nicht so viel über Heimat nach.
Junge Menschen sollen flexibel sein, allerorts einsetzbar, mobil. Heimatgefühle bremsen das Tempo, das verlangt wird oder das wir von uns selbst erwarten. Zu Hause, das bedeutet allenfalls kurz verschnaufen, um dann wieder loszulegen. Schnell noch ein Auslandssemester in Portugal, ein Praktikum in Amsterdam, eines in Bordeaux. Keine Perspektive in Deutschland? Macht nix, dann eben nach Dubai für zwei Jahre.

„Ich fühle mich als Europäerin“ sagt Brigitte. „Ich bin ein Weltbürger“ sagt Klaus. So soll es sein, so ist es richtig.
Damit kann man doch arbeiten.

Vorbei die Ära, in der sich das Heimatgefühl an einem einzigartigen geschlossenen Mikrokosmos festmachen ließ, der aus Landschaft, Bauweise, Menschen, merkwürdigen Brauchtümern oder Wörtern wie „Klappschnitte“ bestand.

Die kleine Heimat ist flügge geworden. Mal treffen wir sie am Gardasee, während wir im Sommer auf der Luftmatratze vor uns hin dösen. Dann läuft sie einem in die Arme, weil man in San Marino mit jemandem zusammengeknallt ist, der an den fiesen Relilehrer erinnert. Oder wir bekommen Sehnsucht nach ihr, weil die duftende weiche Waffel in Den Haag genauso schmeckt wie im Urlaub auf Norderney. Und Weihnachten trifft man sie garantiert etwas zu aufgetakelt bei den Eltern im Wohnzimmer.

Die Heimat ist das Konzentrat unserer Vergangenheit, und die haben viele von uns vielerorts verbracht. Das Konzentrat ist umso zähflüssiger und klebriger, je länger wir uns an einem Ort aufgehalten haben, je mehr Erinnerungen wir sammeln konnten. Sicher, manchmal klebt es ekelhaft. Andererseits schmeckt es nach Sicherheit und Vertrautheit. Wie köstlich das sein könnte, darüber kann ja mal nachdenken.

 

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